«Musst mich jetzt nicht lecken Rasco, ich beruhige mich schon wieder. Ist gar nicht nötig, dass du mich leckst, mach dir keine Sorgen um mich, mein lieber Rasco. Ich muss nur ein bisschen auf der Bank sitzen bleiben. Habe mich halt furchtbar aufgeregt. Ja, schau mich nur an mit deinem Hängeauge. Du guckst immer so traurig, aber es geht mir gut. Mach dir keine Sorgen und lecken sollst du mich auch nicht. Ich mag das nicht und habe dich auch so sehr lieb. Das weisst du, ja das weisst du sehr genau und schau mich jetzt nur an, schau nur bekümmert drein. 
Das ist aber auch eine verdammte Hexe, die Meisterin von Luna. Eine blöde Kuh ist das, so mit uns zu zetern und zu keifen. Ein bissiges Vieh bist du gar nicht. Aber die hat nicht einmal auf mich gehört, die wollte mir nicht zuhören. Ich hätte es ihr doch erklärt, gerade eben, genau erklären habe ich es gewollt, erzählen wie es gekommen ist. Die behauptet einfach in ihrer Wut, du seist ein bissiges Vieh. 
Lass das mit den Pfoten, du musst mich nicht stupsen. Ich erhole mich schon wieder und dann gehen wir weiter. Ich möchte einfach ein bisschen ausruhen hier auf der Bank. Komm, leg dich ins Gras, das ist schön kühl. Also Platz! Mach Platz, sei jetzt gehorsam und mach Platz! Platz, mach schön … So ist es brav. 
Die Kammermann sollte jetzt einmal sehen, wie du gehorchst. Das sollte die zänkische Hexe mal sehen und nicht so draufloszetern und dich ein einen aggressiven Köter nennen und mich einen beschränkten Ignoranten. Ich weiss, dass du der Luna nichts getan hast, rein gar nichts, nicht ein Haar hast du ihrer Luna gekrümmt, aber die Kammermann, die will ja nicht hören. Vielleicht würde sie uns die Geschichte auch gar nicht glauben. Die kommt tatsächlich wie eine Ausrede daher.
Ist aber dennoch eine blöde Ziege, die Kammermann, dich so in Grund und Boden zu verfluchen, dabei kannst du gar nichts dafür, dass der Bodenmann … So heisst der, glaube ich. Dem Bauern Bodenmann gehört die Wiese da hinten, und du kannst nichts dafür, dass er den Viehdraht liegen liess oder gar absichtlich hingelegt hatte. Was soll das überhaupt? Ein Draht in der Wiese auf dem Erdboden und unter Strom! Du kannst doch rein nichts dafür, dass sich Luna auf den Draht setzte, als du an ihrem Hintern schnuppertest. Ihr Hunde müsst euch aber auch immer am Po beschnuppern. Das ist echt eine blöde Angewohnheit, sich immer hinten zu beschnuppern, und dann kommst du wieder zu mir, und willst mich lecken! Das geht doch nicht.
Das war doch ein geradezu ulkiges Zusehen, wie die Luna in die Höhe schoss. Ist halt sehr schmerzhaft, so ein Stromstoss aus dem Viehdraht und an einem Hundepo dran. Das tat ihr sehr weh, und dann haute sie ab in den Wald. Losgefurzt wie eine Rakete war sie, ab wie der Blitz in den Wald, auf Nimmerwiedersehen. Weisst noch, wie die Kammermann schrie und kreischte? Hinterhergeschrien hatte sie ihrer Luna und uns beschimpft, und dann rannte sie los so gut es ging mit ihren krummen Haxen, rannte ihrer Hündin nach, ab in den Wald. Ich hätte es ihr ja gerne erklärt, aber jetzt ist sie selber schuld, wenn sie meint, dass du ein bissiges Hundevieh wärst. Ich wollte es ihr genau schildern, aber da müsste man halt zuhören, und nicht einfach fauchen, drauflos wie ein Feuerwerkvulkan an Silvester und uns dazu noch anrempeln mit übelsten Wörtern, eine eigentliche Schmährede hatte sie gehalten. Weisst noch?
Ja, du bist ein guter Hund, ein lieber Hund, ein ganz lieber Hund bist du. Du hörst mir zu und ich glaube, du verstehst mich auch. Manchmal glaube ich das schon, dass du mich verstehst, aber nicht immer. Und anschauen kannst du mich mit deinem schmachtenden Blick. 
Das ist so herzerweichend, das rührt mich an, dein Blick mit dem hängenden Unterlied. Weisst du noch letzten Winter in den Ferien in Ernen, da hatte er dich gebissen … 
Du weisst es noch, nicht wahr? Du weisst noch, wie der schwarzbraune Schäfer in seinem Zwinger immer so fürchterlich aggressiv kläffte und an der Kette wütete, als ob er uns gleich fressen wollte? Du hast natürlich zurückgeknurrt und dich mächtig aufgespielt, obwohl du nie eine Fliege erwischt hast in deinem Leben. Einen diabolischen Krach hattet ihr gemacht. Und dann musste das unbedingt sein: Du wolltest in jener Nacht, beim Nachtspaziergang diesem  bissigen Biest unbedingt gute Nacht sagen, unbedingt, weiss der Teufel warum. Ich rief dich zurück, genau wie vorhin bei der Kammermann, aber du bist vorhin nicht gekommen, und auch damals in Ernen kamst du nicht. Es wäre schon besser, wenn du gehorchen würdest, wenn man dich zurückruft. Einiges wäre so nicht passiert. Warum merkst du dir das denn nicht? Wenn ich dich zurückrufe, musst du gehorchen und herkommen. Anders geht es einfach nicht. Vielleicht lernst du es doch noch irgendwann, bist ja ein sehr kluger Hund. Ein kluger Hund bist du, ja genau, das bist du: ein sehr kluger Hund. Bist doch ein liebes Tier und ich mag dich,  auch wenn du mich nicht ständig leck… Lass das jetzt.
Weisst du noch, wie du gejault hattest, ganz kurz, laut und schrill, wie ich es vorher nie gehört hatte von dir. Und als du zurückgekommen warst, da fasste ich dich am Kopf an und spürte eine warme Flüssigkeit in meiner Hand. Ganz warm war das Blut, und ich bekam einen fürchterlichen Schreck. Ich regte mich masslos auf, noch viel mehr als jetzt, aber da hatte es keine Bank, um mich zu setzen. Also gingen wir zügig ins Dorf zurück und so rasch als möglich zum Tierarzt. Den rief ich noch spät in der Nacht an. Er kam mit seinem Volvo angefahren und schloss seine Praxisräume auf, nur für uns beide. Gleich zusammen mit einem Kollegen war er gekommen. Weisst noch? Das waren zwei sehr hilfsbereite Veterinäre, weisst du noch? Und sie operierten dich gleich am Kopf und nähten das zerfetzte Augenlid wieder zusammen. Zum Glück war das Auge nicht verletzt, nicht auszudenken, wenn … Jetzt hast du halt ein hängendes unteres Augenlied. Macht ja nichts, sieht einfach ein bisschen sehr erbarmungswürdig aus, aber machen tut’s nichts. Bist jetzt einfach der Hund mit dem kummervollen Blick.
Weisst du noch, wie du einen  mächtigen Schutzkragen tragen musstest? Du hättest doch mit deinem Hinterbein die Wunde am Auge wieder aufgerissen. So zappeltest du mit dem Hinterbein einfach in der Luft herum und schabtest am Kragen. Das machte einen eigenartigen Lärm, das Kratzen am riesigen Plastiktrichter. Aber stell dir vor, was das für eine Schweinerei gegeben hätte in der Ferienwohnung von Saxer. Die Saxers hätten ein Riesentheater gemacht, aber es ging dann schon. Musstest einfach im Badezimmer schlafen. Wenn du wegen der Narkose gekotzt hättest, wäre das im Badezimmer passiert. Dahin legten wir dich, die Frau Gremminger und ich. Ich rief sie an, und es war ihr gar nicht recht, dass ihr Schäfer dich so zugerichtet hatte. Sie kam spätnachts noch in die Tierarztpraxis. Die Frau Gremminger war total nervös. Ihr Schäfer hatte oft gebissen und die Gemeindebehörde hatte ihr angedroht, dass sie gegen sie und ihren Hund vorgehen würde, wenn es wieder vorkäme.  Da musste ich ihr versprechen, niemandem zu erzählen, wer dich so zugerichtet hatte. Sie trug dich auf ihren Armen in die Ferienwohnung, weisst du noch? Du warst noch ein bisschen beduselt. Sie hat viel Kraft, du bist ein gut gebauter Labrador. Wiegst wohl an die 30 Kilo. Ich hatte einfach zu weiche Knie, damals, weisst du noch? Und mir war übel wegen dem vielen Blut.

Siehst du, wer jetzt da hinten aus dem Wald kommt? Die beiden winzigen Figuren da hinten, siehst du sie?  Die eine erkennt man an den knorrigen Stangenbeinen, das ist die Kammermann auf ihren windschiefen Latschen, die kennt man an ihrem Gang und daneben, der kleine schwarze Punkt, das ist die Luna, an sich ein liebes Zwergschnauzerweibchen. 
Komm Rasco, wir gehen weiter. Es geht mir auch wieder gut, kein Problem. Komm wir verdrücken uns, sonst … 
Rasco Fuss! Fuss Rasco, du sollst herkommen, Rasco Fuuuussss!!! Bleib hier, die Luna hat Panik vor dir, weil sie auch glaubt, dass du sie … Hierbleiben! Fuss, Fuuussss, Fuss Rasco … gopferdami, das gibt es doch nicht, das darf ja nicht wahr sein, gopferdami!»