Der Mann ist ein etwas sehr eigenartiger, schrulliger, ein meist sehr unfreundlicher Kerl, der so daherschreitet wie ein Rabenvogel, also immer mit dem Kopf vor- und zurückruckelt, als müsse er durch die Gegend stechen.
Er war mal unser Nachbar, und alle im Haus sind froh, dass er seine Wohnung verkauft hat und weggezogen ist. Er war vielen auf eine unerklärliche Art unheimlich. Eine Mutter schärfte ihren Kindern gar ein, von ihm ja nie ein Bonbon anzunehmen.

Eines Tages stellte ich fest, dass seine Wohnungstüre nicht verschlossen, sondern nur angelehnt war. Das ist an sich nichts Besonderes, aber als ich nach zwei Stunden die Wohnungstüre immer noch unverändert vorfand, hielt ich es für angebracht, einmal nachschauen zu gehen. Vorsichtshalber klingelte ich meiner Nachbarin, deren Familie auf dem gleichen Stock wohnt, damit sie zusehe, wie ich in die fremde Wohnung ging – einfach für alle Fälle, wenn später etwas auf wundersame Weise fehlen würde.
Nun, der Nachbar lag nirgends zusammengesunken in der Wohnung, kein Herzinfarkt, kein Überfall mit Raub und Blut und so. Er hatte vermutlich in der Eile frühmorgens einfach die Türe nicht richtig zugezogen. Den Schlüssel hatte er aber durchaus gedreht, der Türriegel stand jedenfalls vor.
Dennoch fiel mir in der Wohnung etwas auf, was mir zu denken gab, was ich aber bis anhin nur für mich behalten und nicht weitergeplaudert habe. Ich kann mich täuschen, aber dennoch schlichen sich jeweils unangenehme Gedanken in meinen Kopf, wenn ich an den Feldstecher dachte, der fein säuberlich auf der dritten Treppenstufe lag, die in die obere Etage führt. Der Nachbar lebte allein, wanderte nicht und interessierte sich kaum für Vögel – aber eben: Ich kann mich ja täuschen, und man muss auch von unfreundlichen Kerlen nicht gleich etwas Schlechtes denken.