Fast bedauert es Morellini, vor fünfzehn Jahren aus dem Tessin nach Zürich gekommen zu sein, um hier auf die Polizeirekrutenschule zu gehen. Im Tessin hätte er es wohl geruhsamer gehabt, friedlicher wahrscheinlich. Das wäre jedenfalls im Tessin nicht passiert. Da hauen die Autofahrer nicht einfach ab. Aber die Zürcher Kantonspolizei brauchte Beamte, die Italienisch können. Bei diesen vielen Ausländern in Zürich. Aber abhauen tun die Tessiner nicht, wenn sie mal einen Seich gemacht haben.
Und der Keller sitzt neben ihm und sagt kein Wort. Herrgott, wenn der doch nur etwas sagen würde! Jetzt, in diesem Moment, in dem das doch wichtig wäre für ihn. Aber an ihm, dem Wachtmeister bleibt nun alles wieder hängen. Er ist der Vorgesetzte. Ihm obliegt die verdammte Pflicht, die Eltern von Robert zu informieren. Und das lernt man auch nicht in der Polizeirekrutenschule. Die Pfarrer lernen das, nicht die Polizisten. Aber vielleicht kann man überhaupt nicht lernen, wie man die Eltern informiert, nach so einem grauenhaften Unfall.
Er denkt an seinen eigenen Sohn. Wo der jetzt gerade sein mag? Was der gerade macht? Er ist Vater und der Keller auch, und die beiden müssen zum Vater und der Mutter von Robert gehen. Herrgott nochmal, und der Saucheib von einem Autofahrer ist einfach abgehauen.
«Da vorne ist rot. Schalt das Blaulicht ein, dann kommen wir rasch rüber.»
Als ob es Morellini pressierte, zu den Eltern von Robert zu kommen. Und da wollen die beiden, Morellini und Keller, auch nicht mit Blaulicht und Sirene vorfahren. Wegen der Nachbarn. Das geht die gar nichts an, was passiert ist. Nur ja keinen Aufruhr verursachen. Nur nicht auffallen, und dann das lästige Gegaffe. Die Schweizer gaffen immer, wenn sie Uniformen sehen. Immer, wenn Polizei oder Militär kommt. Morellini rückt die Krawatte zurecht, die ihn jetzt drückt. Keller sitzt da, als ob er müde sei: leicht vornübergesunken, in sich selber zusammengefallen, irgendwie kraftlos.
Die beiden biegen von der Alten Zürichstrasse in die Rainstrasse ab. Unauffällig, so unauffällig wie halt ein Polizeiwagen abbiegen kann. Hier, irgendwo in einem der Mietshäuser, müssen die Eltern von Robert wohnen. Vielleicht ist nur die Mutter zu Hause.
Morellini denkt an seine Frau, an seinen Sohn. Der sitzt jetzt wohl am Küchentisch und macht Schulaufgaben. Hoffentlich. Hoffentlich ist er nicht mehr auf der Strasse.
«Da vorne ist die Nummer sieben. Halt da an, Morellini, da rechts.» Keller steigt als erster aus dem Wagen. Morellini bleibt noch ein bisschen sitzen, macht langsam. Es eilt ihm nicht. Vielleicht will er noch etwas Zeit gewinnen, will Worte zurechtlegen, aber das gelingt ihm irgendwie nicht, weil die Gedanken sich jagen. Im Kreis herum. Vielleicht aber hat er gar keine, oder zu viele. Er weiss es nicht.
Eine ältere Frau tritt aus dem Haus sieben. Sie hat eine Tasche bei sich. Wahrscheinlich will sie noch etwas einkaufen gehen – um diese Zeit. Keller fragt sie, wo Roberts Eltern wohnen, die Sutters.
«Im vierten Stock, links. Um Himmels willen, ist etwas passiert? Ist denn etwas mit dem kleinen Röbeli? Ich bin die Nachbarin. Ich wohne auch im vierten Stock. Die Sutters kenne ich gut. Ich kann Ihnen den Weg zeigen, wenn Sie wollen. Um Himmels willen, ist denn etwas mit dem Röbeli?»
«Nicht nötig, wir finden uns schon alleine zurecht. Regen Sie sich nicht auf, gehen Sie posten. Gehen Sie ruhig, und machen Sie kein Aufhebens.»
Morellini ist es recht, dass Keller die Frau abwimmelt. Er muss nachher noch genug reden. Die beiden steigen die Treppe hoch. Sie unterhalten sich nicht. Keller ist froh, nicht Wachtmeister zu sein, nur Gefreiter. Er war zwar etwas eifersüchtig, als Morellini befördert wurde. Man hat den Tessiner ihm vorgezogen, obwohl der jünger ist. Bestimmt weil er zweisprachig ist. Das könnte er, Keller, ja auch sein, wenn er im Tessin bei einer deutschsprachigen Mutter aufgewachsen wäre. Aber jetzt ist er froh, dass er nur Gefreiter ist. Die beiden bleiben stehen, als sie merken, dass ihnen die Frau mit der Einkaufstasche folgt. Sie schauen sich an. Die Frau zögert, kommt dann aber langsam die Treppe hochgeschnauft. Mit einem ungenierten, neugierigen Gesicht schaut sie die beiden Polizisten an.
«Wir finden den Weg schon allein. Sie brauchen sich nicht zu bemühen. Das sagte ich Ihnen doch schon. Wir finden uns schon allein zurecht.»
Die Frau keucht ein bisschen, stampft vorbei, faselt etwas von «hab noch was vergessen.» Morellini und Keller warten ein wenig. Vierter Stock links: Hier also wohnen die Sutters. Die Wohnungstüre rechts ist ein Spalt breit offen. Morellini meint, die Einkaufstasche hervorlugen zu sehen. Die verdammten Deutschschweizer! Neugierig sind sie und abhauen tun sie auch, wenn sie einen Seich gemacht haben. Er geht zur Wohnungstüre und zieht sie energisch ins Schloss. Soll die blöde Grite doch durch den Spion gucken! Das kann man ihr nicht verbieten.
Keller schaut Morellini an und fragt mit den Augen, ob er läuten soll. Morellini nickt. Drinnen in der Wohnung hört man so etwas wie einen Stuhl rücken. Dann geht die Türe auf.
«Frau Sutter ..? Mein Name ist Morellini. Das ist mein Kollege Keller. Wir sind von der Kantonspolizei …Dürfen wir einen Moment reinkommen?»
Frau Sutter sagt nichts, macht verschreckte Augen, ahnende Augen, tritt in den Korridor zurück und macht die Türe weit auf, damit die beiden Beamten eintreten können.
Keller macht die Tür zu und ist froh, dass er nur Gefreiter ist und jetzt die Türe zumachen darf.
***
Der Mann begegnete mir an einem Dienstag kurz vor den letzten Sommerferien. An einem Dienstagabend war ich immer in der Stadt. Da besuchte ich einen Zeichenkurs, einen Kurs für Aktzeichnen. Da sollten eigentlich nur Fortgeschrittene hin. Es stand so in der Ausschreibung. Bei ungenügenden Kenntnissen würde man zurückgewiesen, stand da. Das hatte man aber meines Wissens nie getan.
An jenem Dienstagabend also schlenderte ich mit der Zeichenmappe unter dem Arm gegen den Bahnhof. Der Zug fuhr kurz nach zehn. Ich hatte noch viel Zeit und war unzufrieden. Hätte ich mich beeilen müssen, wäre es leichter gewesen, nicht daran zu denken: Fünf Zeichnungen hatte ich angefangen, und keine war mir gelungen. Der Zeichenlehrer fand für keine auch nur ein paar wenige Worte des Lobes. Er mied mich, machte auch immer einen Bogen um mich – so schien es mir wenigstens, und ich will es ihm nicht verdenken. Keiner sagt schliesslich gerne die Wahrheit. Einerlei: In der Pause hatten sich die Nyffenegger und die Gertsch neben ihn gesetzt. Das waren die einzigen Frauen im Kurs. Die hatten also in der Pause immer geredet, so dass ich keinen Unterbruch hatte nützen können, um den Lehrer auf meine Arbeiten zu lenken. So nebenbei natürlich. Ich war wütend auf die beiden Frauen, die ja sowieso nicht zeichnen konnten.
Das Modell an diesem Dienstag war schön, etwas üppig vielleicht, aber das war gut. Man kann sich an etwas halten, man hat Bezugslinien. Oft hatte die nicht Modell gestanden. Sie schien unsicher und schämte sich vielleicht etwas. Trotzdem, einmal schaute sie mich lange an. Dem Blick hielt ich wohl stand. Ich hatte es gut. Ich musste ja.
In der Pause ging sie in einem billigen Bademantel von grüner Farbe durch die Reihen und schaute sich auf den Papieren an. Bei jeder Zeichnung machte sie kurz Halt. Immer gleich lang, mit immer demselben Gesichtsausdruck. Ich beobachtete sie. Zwei Hocker weiter rechts von ihr war meine Zeichnung auf einem Brett mit Reissnägeln befestigt. Da auch: der gleiche kurze Halt, der gleiche teilnahmslose Ausdruck im Gesicht. Wenn sie wenigstens gelächelt hätte, ein bisschen länger geschaut nur, oder wenigstens den Kopf geschüttelt, wenn sie nur angedeutet hätte, dass meine Zeichnung nicht war, wie die von Hürsch, die von Keller, dem Goldschmied, die von Weilenmann, dem Arzt, die von Rollier, dem Grafiker, der akzentfrei Deutsch sprechen könnte, wenn er nur wollte – ich wäre nicht weggegangen, vorzeitig, Müdigkeit vorschützend, entschlossen, nie mehr hinzugehen, das Kursgeld verfallen zu lassen.
Wie gesagt, ich war unzufrieden mit mir und der Welt, als ich an jenem Dienstagabend vor den Sommerferien ins Restaurant Walhalla an der Ausstellungsstrasse trat, um etwas zu essen. Es ist eine Angewohnheit von mir, immer dann zu essen, wenn die Fäden des Lebens sich zu einem dicken Knoten zu verstricken drohen. An jenem Abend hätte ich aber eigentlich nicht zu essen brauchen. Ich war nicht hungrig. Dennoch, ich wollte mich entschädigen für die fruchtlosen, künstlerischen Bemühungen jenes Abends.
Ein kleiner Tisch am Fenster war noch frei. Dahin setzte ich mich. Die Zeichenmappe lehnte ich an den Tischfuss gegen die Gaststube hin, mit dem Etikett nach innen. Da steht meine Adresse drauf, und es brauchte nicht jedermann lesen zu können, wer ich bin. Noch fühlte ich mich nicht ganz wohl. Ich wechselte die Tischseite, so dass ich weit der Limmatstrasse entlang sehen konnte. Einen Plastikblumenstrauss, der aber immerhin in einer echt gläsernen Vase steckte, schob ich beiseite, damit ich eine bessere Sicht auf das Trottoir gegenüber hatte. Hier stand jeweils eine junge Dirne, aber an jenem Dienstag war sie nicht da. Fast bedauerte ich es. Sie verkörperte für mich immer das Abenteuer, stand stellvertretend für etwas Verbotenes und Anrüchiges in unserer geordneten Welt, die ich so nicht immer gerne mag. Ich mochte die Dirne jedenfalls gut leiden und empfand sie immer als Bereicherung, in ihrem weissen Kleidchen vor dem dunklen Hintergrund der hereinbrechenden Nacht, aber nicht nur deshalb.
Vielleicht würde sie noch kommen. Für gewöhnlich sass ich auch viel später hier, und dann war sie immer da. Ich hätte ihr gerne einmal gesagt, dass ich sie mag, nicht so wie ihre Kunden sie mögen, nein, anders, mit Achtung vor ihrem Mut, so zu sein, wie sie war. Ausgesetzt dem Gespött der oft einfältigen, vieltrinkenden Gäste des Walhalla. Ich hatte mir die blöden Witze oft angehört, die sie hier reissen. Und trotzdem: Ein jeder hat noch immer geschielt nach ihr und den Autos, die angefahren kamen, hielten und wieder wegfuhren – die Dirne stand meist noch da. Übrigens – ob sie an diesem Dienstag noch kam, vermag ich heute nicht mehr zu sagen, ich hatte kein Auge mehr für sie, obwohl ich noch lange am Tisch sass.
Es war ein schöner Sommerabend, und es herrschte recht starker Verkehr.
Das konnte man auch ein wenig riechen, selbst drinnen im Lokal. Der Kellner war freundlich und hatte viel zu tun. Er klärte mich dennoch ausführlich auf über das Filet Copacabana, eine Hausspezialität. Der Name schien mir etwas hochtrabend, aber die Nudeln waren wenigstens hausgemacht und mit viel Butter übergossen. Das schmeckt jedermann, Butterküche mögen alle, und das tröstet etwas über den Preis hinweg. Ich mag Butter über alles, wohl deshalb, weil ich zuhause keine davon habe. Zum Trinken bestellte ich Bier.
Ich sehe den Mann zuerst an der Limmat. Auf dem Trottoir, das heisst sein Hund fällt mir anfänglich weit mehr auf. Er eilt von Platane zu Platane, beschnuppert jeden Stamm und verrichtet sein Geschäft. Es ist dem Aussehen nach ein ganz gewöhnlicher Hund, mittelgross und etwas feist. Nicht rassenrein natürlich, gewöhnliche Hunde sind oft nicht rassenrein. Aber gutmütig ist er, denn die Katze in der Uferböschung interessiert ihn nicht, obwohl er sie gesehen haben muss. Der Mann kommt weit hinten nach, aber langsam, und sein Hund muss immer wieder weit zurücklaufen, um sich zu vergewissern, dass sein Herrchen auch folgt. Dabei beschnuppert er wiederum jeden Baumstamm und verrichtet sein Geschäft erneut. Wenn man sich nun alles genau überlegt, so findet man, dass der Hund jeden Stamm dreimal markiert, und daraus schliesse ich, dass es ein gutmütiger Hund mit einem unerschöpflichen Urinvorrat ist, dass er aber auch etwas dumm sein muss, den andere Hunde machen das nicht so. Ich bin denn auch sehr gespannt auf den Mann. Man sagt ja, dass sich Herr und Hund gleichen (Wie ich mich da täuschen würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.) Der Mann geht leicht vornübergebeugt. Er raucht. Die linke Hand hält er auf dem Rücken, im Kreuz. Er hat etwas sehr Nachdenkliches an sich und geht langsam und kraftlos, fast schlurft er. Gegenüber dem Walhalla schickt er sich an, die Strasse zu überqueren. Den Hund nimmt er nicht an die Leine. Der wartet folgsam mit ihm zusammen. Beide kommen herüber in den Gasthof. Ich schaue jetzt nicht mehr hin, denn fast alle Tische sind besetzt, und ich möchte nicht, dass er sich zu mir setzt. Am kleinen Tisch hätte es zwar noch genug Platz, und sollte er merken, dass ich ihn anschaue, dann könnte er das als Aufforderung verstehen, sich zu mir zu setzen.
Nun, ich habe wenig Glück: Zuerst kommt der Hund an meinen Tisch, schaut mich kurz an und legt sich ganz selbstverständlich hin. Dann kommt auch der Herr, erkundigt sich, ob noch ein Platz frei ist und setzt sich. Meine Antwort wartet er gar nicht erst ab. Wozu hätte er auch sollen? Es ist schon recht dunkel draussen, und ich kann mein Gegenüber in der Fensterscheibe mustern. Ich tue das vorsichtig, so, als ob ich den vorbeifahrenden Autos nachsehen würde. Ich kann jetzt sehen, dass der Mann auch recht feist ist – wie sein Hund. Unter dem Jackett befindet sich ein recht ansehnlicher Wanst. Er muss schlecht sehen, denn er trägt eine dicke Brille, die seine Augen dahinter auf etwa die doppelte Grösse anwachsen lassen. Der Mann hat sich heute kaum rasiert. Seine Augen sind wässrig, als ob er eben geweint hätte. Er ist etwa gegen die fünfzig. Seine Hände sind die eines Beamten, schätze ich, nicht die eines Arbeiters auf alle Fälle.
Ich merke, dass mein Gegenüber das Gleiche mit mir macht. Seine Art, mich zu mustern, hat allerdings etwas Beunruhigendes. Er macht es nicht so wie ich, ohne Absicht, nur aus Gewohnheit, oder aus einer natürlichen Neugierde heraus. Er tut es mit einem ganz bestimmten Kalkül. Er prüft mich. Das ist spürbar, und ich fühle mich etwas bedrängt und bin froh, dass mir der Kellner das Filet Copacabana bringt mit den hausgemachten Nudeln. Jetzt kann ich mich etwas lösen aus einer leicht beklemmenden Starre und essen. Der Hund wedelt kurz, als der Kellner an unseren Tisch tritt. Er schlägt den Schwanz auf den Boden.
«Heute habe ich keine Zeit für dich», sagt er freundlich zum Hund.
Dieser scheint zu begreifen und legt seinen Kopf wieder zwischen die Pfoten. Mein Tischnachbar bestellt ein Glas Rotwein. Dôle, glaube ich, aber das tut eigentlich nichts zur Sache.
«Damit ich ruhig schlafen kann», versucht er nach einer Weile das Gespräch aufzunehmen.
«Wie meinen Sie?»
«Ich trinke Wein, damit ich ruhig schlafen kann.»
«Aha, vielleicht haben Sie ja ein schlechtes Gewissen», versuche ich zu scherzen.
Darauf erhalte ich keine Antwort. Er schaut nur etwas verschreckt und schnaubt durch die Nase. Ich bin froh, dass er keine Antwort weiss, denn eigentlich wünsche ich keine Unterhaltung mit dem Mann, der mir nun etwas suspekt ist. Ich spüre aber, dass ich mich einem Gespräch nicht entziehen kann, denn der Mann verfolgt genau dieses Ziel mit einer gewissen Hartnäckigkeit, die allen Beamten eigen ist.
«Guten Appetit, Sie haben sich da etwas Gutes ausgesucht.»
«Danke, wir werden sehen, wie es passt.»
«Doch, doch, versuchen Sie nur mal die Kirschen auf dem Schweinsfilet.»
«Kennen Sie das, haben Sie das auch schon mal gegessen?»
Der Mann beeilt sich, die Frage zu verneinen.
«Ich dachte nur, weil sich doch auch der Hund da so gut auskennt.»
«Ach, das tut er immer. Der ist sehr zutraulich. Der weiss, wo gute Menschen sind. Der legt sich immer einfach irgendwo hin.»
Ich merke, dass das nicht stimmt. Zumindest scheint ihm meine Feststellung unangenehm zu sein. Es scheint ihn gar etwas aus der Fassung zu bringen, dass ich merke, dass er hier häufig verkehrt. Jedenfalls nimmt er die Brille ab, haucht sie an und putzt sie mit einem Taschentuch, obwohl sie vermutlich sauber ist. Er sagt eine Weile nichts mehr.
Ich kann sehen, dass er gerötete Augen hat, genauso, als ob er lange nicht mehr geschlafen hätte. Er trinkt nun seinen Wein in grossen Schlucken. Zu hastig für einen Mann seines Temperamentes, zu unruhig für einen, der den gesicherten Beruf eines Beamten ausübt. Wobei ich allerdings anfügen muss, dass ich mich da täuschen kann. Und bei mir legt sich das Gefühl der Verspanntheit allmählich. Die Unsicherheit des Mannes, dieses plötzliche Überlegen und Brillenputzen nehmen ihm das Unheimliche. Es stachelt andrerseits meine Neugierde an. Nicht, dass ich darauf erpicht gewesen wäre, mich mit ihm lange zu unterhalten. Seine Person an sich interessiert mich nur wenig. Aber die Frage nach dem Warum, die beginnt mich jetzt zu fesseln. Warum diese Augen? Warum diese Nervosität? Warum diese Unsicherheit? Warum soll ich nicht wissen, dass das Walhalla sein Stammlokal ist?
Der Mann trägt einen Ehering. Wie es sich gehört, ist er wohl verheiratet. Aus der Jacketttasche zieht er eine Zigarette. Er nimmt nicht ein Päckchen hervor, wie das andere tun. Vielleicht will er nicht, dass ich sehe, welche Marke er raucht. Doch das scheint mir unsinnig, heute kosten doch alle Zigaretten fast gleich viel und überhaupt: Er will sich wohl im Rauchen etwas einschränken und hat nur ein paar wenige Zigaretten in die Tasche gesteckt. Er kann gewiss nicht schlafen, wenn er zuviel raucht. Doch weshalb ist er versucht, zuviel zu rauchen?
Es scheint ihn dann allerdings etwas zu beruhigen, dass er an seiner Zigarette ziehen kann. Er schaut aus dem Fenster den Autos nach. Nur, die Fenster sind zu dieser Stunde auch noch Spiegel, das weiss ich ja. Aber das macht mir nichts mehr aus, ich fühle mich ruhig, diesem Manne jedenfalls überlegen.
Der Kellner kommt, um das Geschirr abzuräumen. Natürlch bin ich bedient, er hätte nicht noch zu fragen brauchen. Aber er ist halt ein höflicher Kellner und er hat nicht mehr sehr viel zu tun.
Mein Tischnachbar nimmt das Gespräch wieder auf.
«Hat es nun geschmeckt?»
«Ja, sehr – danke.»
«Sehen Sie, ich habe das den roten Kirschen doch angesehen.»
«Allerdings, das muss man denen ja ansehen.»
Ich empfinde nun auch etwas Mitleid mit dem Mann, und ich weiss eigentlich nicht so recht warum. Er spürt das. Darüber ist er wohl im Bilde, über meine Unsicherheit. Unsere Blicke treffen sich in der Fensterscheibe. Rasch, dann folgen beide einem Auto. Ich habe es aber besser. Ich kann meinem Auto länger nachschauen als er, weil ich der Limmatstrasse weit entlang sehen kann. Er raucht wieder, und ich mache das Gleiche.
Wenn ich den Zehnuhrzug noch erreichen will, muss ich jetzt gehen.
Ich weiss heute nicht mehr genau, was es war, dass ich sitzen blieb. Ich spürte wohl, dass der Mann etwas von mir wollte, spürte seinen Drang, der etwas Unbändiges hatte, den Drang, sich an mich zu wenden, auch wenn er doch spüren musste, dass ich einem Gespräch nicht sonderlich zugeneigt war. Er war Stammgast hier. Das war mir klar. Oder hoffte er gar immer noch, ich hätte das nicht gemerkt. Es war verwirrend und unbehaglich plötzlich. Ich hätte immer noch die Möglichkeit gehabt zu gehen, mit gutem Grund sogar. Es hätte noch auf den Zug gereicht.
Ich rufe den Kellner zum Zahlen, als der Mann unverhofft einen Zettel aus der Jacketttasche klaubt und ihn auf den Tisch legt. Der Kellner kommt, stützt sich mit der linken Hand auf den Tisch. In der rechten hält er das Portemonnaie und möchte kassieren. Ich bestelle ein Bier vom Hahnen. Mein Nachbar bestellt ein Glas Rotwein. Das zweite.
«Sie werden bestimmt gut schlafen heute Nacht.»
«Ich hoffe es.»
Es entsteht wiederum eine Gesprächspause. Der Mann liest den Zettel, den er auf den Tisch gelegt hat, so dass ich auch mitlesen kann, denn er hat ihn ganz offensichtlich auch für mich auf dem Tisch platziert, ihn leicht schräg hingelegt. Zwischen uns ist nun eine Art Vertrautheit da, einfach so.
Es ist ein Zeitungsauschnitt. Er muss ihn oft gelesen haben, er ist schmuddelig, Tabakreste kleben auch noch daran. Zeugenaufruf…. nur den Titel kann ich ohne Weiteres lesen.
«Wollen Sie auch lesen, was das »
Der Mann kennt den Text gut. Er hätte ihn in der Zeit unmöglich durchlesen können. Er wartet nur darauf, ihn mir zuschieben zu können. Ich antworte nicht und lese: Letzten Freitag, den ………….. ereignete sich auf der Überlandstrasse in der Stadt Zürich ein Verkehrsunfall mit Fahrerflucht. Ein weisser Personenwagen, vermutlich ein ………… , fuhr mit übersetzter Geschwindigkeit einen fünfjährigen Knaben an und verletzte ihn tödlich. Der Knabe war mit seinem Trottinett nach ersten Erkenntnissen unversehens auf die Strasse geraten. Der Lenker hielt nach der Kollision kurz an, suchte darauf aber unerkannt das Weite. Der Wagen dürfte am rechten Kotflügel eine leichte Beschädigung aufweisen. Allfällige Zeugen, insbesondere ein Hundehalter mit seinem Appenzellermischling, sind gebeten sich bei der Kantonspolizei ……..
Ich halte inne, brauche ja nicht weiterzulesen. Warum ist das Datum mit Tinte übermalt? Warum ist die vermutliche Automarke mit derselben Tinte unkenntlich gemacht? Und der Hund, der neben mir auf dem Boden liegt, der hat tatsächlich so etwas wie einen Ringelschwanz, ist pummelig, mittelgross mit Hängeohren. Ist das etwa der Appenzeller im Zeugenaufruf? Man könnte ihn sehr wohl für einen Appenzellermischling
«Sie?»
«Ja, ich.»
Da lache ich etwas gequält. Es gibt an sich nichts zu lachen. Das Ganze ist ja traurig genug, aber ich lache, befreit, enttäuscht, lache vielleicht auch über mich, der gemeint hat, Vertrauter eines Gemarterten zu werden, etwas zu erfahren vom Schicksal eines mittleren Beamten. Vom Kummer vielleicht mit seiner Frau oder seinem Chef, lache über meine Dummheit, dass ich so etwas habe denken können, lache über den Mann, seine grundlos geröteten Augen, wie er sich grundlos sein Gehirn über mich gemartert hat. Der Einfaltspinsel, genauso einfältig wie sein Möchtegernappenzeller mit seinem grossen Urinvorrat. Lache über den gewöhnlichen Mann, von denen es halt doch viele gibt, die sich wie er, zufällig Zeuge einer Tragödie geworden, aufspielen wollen, angeben wollen, um nur einmal aus der mittelmässigen Rolle herauszukommen, und die doch selber schuld sind, dass sie da drin stecken. Die Unterhaltung mit dem Aufschneider interessiert mich nun gar nicht mehr. Ich will zahlen. Den Elfuhrzug will ich nun nicht auch noch verpassen – seinetwegen. Das bringt jetzt gar nichts mehr. Jetzt kommt sicher die übliche Angeberei. Mit dem habe ich jetzt auch kein Mitleid mehr. Soll der doch schlecht schlafen, der einfältige Schlappkopf.
Doch das mit den Eltern des Kindes: Ich bin auch Vater und das Schicksal des Autofahrers, das beschäftigt mich schon. Ich bin auch Autofahrer. Warum ist der abgehauen, der verschreckte Hase?
«Zahlen!»
«Warten Sie, warten Sie bitte.»
Will der jetzt auch noch den Beleidigten spielen, den Nichtbeachteten? Was stört ihn, dass ich nicht so bin, wie seine Saufkumpane, was stört es ihn, den um seinen Erfolg geprellte „nichtschlafenkönnende“ Weintrinker? Ich winke bestimmt ab und schaue mich nach dem Kellner um.
«Warten Sie bitte noch einen Augenblick.»
Er macht ein weinerliches Gesicht, nimmt sein Portefeuille hervor (von dem hätte ich mir nichts zahlen lassen!) und streckt mir eine weisse Schreibkarte hin. Es steht da nichts weiter drauf als: ZH 579 215 – in sauberer Beamtenschrift.
«Das ist er.»
Jetzt ist alles weg. Die Sicherheit, die Überlegenheit, das Lachen. Da ist er nun vor mir, der verschreckte Hase, der Autofahrer: ZH 579 215. Es ist, als ob ich selber Zeuge dieses schrecklichen Unfalles geworden wäre. Als ob ich selber gesucht würde, um eine Aussage zu machen. Eine Aussage zuungunsten eines Mannes, der mir im Grunde meines Herzens leidtut, der nur für einen kurzen Augenblick am Steuer seines Autos unaufmerksam war, so, wie ich es oft bin, der dann gesehen hat, dass er ein Kind angefahren hat, und geflohen ist. Im Schock, in der Verzweiflung? Da ist er nun vor mir auf einer weissen Schreibkarte: ZH 579 215.
«Was soll ich damit?»
»Zeigen Sie ihn an.»
«Was, haben Sie das denn nicht schon längst getan?»
«Nein.»
Im Augenblick weiss ich nichts zu sagen. Ich habe keine Gedanken. Ich bin nur verblüfft. Das passt nun gar nicht in mein Repertoire der Menschenkenntnis. Das ist ganz unerwartet.
«Warum nicht?»
«Ich habe es nicht über mich gebracht.»
«Und ich? Ich soll es nun über mich bringen?»
«Es ist Ihre Pflicht.»
«Warum soll das meine Pflicht sein, Sie haben den Unfall doch gesehen.»
«Und warum soll ich das alleine auf mich nehmen? Nur weil ich zufällig mit meinem Hund da oben spaziert bin? Ich kann doch auch nichts dafür, es nicht meine Schuld, Ihnen hätte das auch passieren können. Und dann müssten Sie und nicht ich Zeuge sein. Was macht es also aus?»
«Werfen Sie die Karte weg. Das Kind wird auch nicht wieder lebendig. Und der Autofahrer hat in seiner Angst Strafe genug.»
«Das darf nicht sein. Es ist unsere Pflicht, den Autofahrer anzuzeigen. Er hat schliesslich ein Kind totgefahren.»
«Pflicht, unsere Pflicht? Warum denn?»
«Er braucht die Strafe, die er verdient. Vielleicht machen wir uns schuldig.»
«Sie sagen immer wir und uns.»
«Ja uns, schuldig an ihm, vielleicht kann er nicht mehr schlafen, wir müssen ihm helfen, das Gewissen zu erleichtern.»
«Wenn er sich erleichtern will, kann er ja selber zur Polizei gehen. Das sind doch reine Vermutungen. Das Gewissen ist sowieso nur eine Kehrseite der Medaille. Denken Sie an seine Familie, an seinen Beruf, er könnte erledigt sein, für immer . Und ich frage noch einmal, was nützt es, ihn zu bestrafen? Wenn Ihre Annahme vom schlechten Gewissen stimmt, ist er ohnehin ausreichend bestraft.»
«Soll er sich ein Leben lang in Gedanken quälen?»
»Noch einmal: Er kann ja selber zur Polizei gehen. Ich habe das ja schon gesagt.»
«Vielleicht braucht er die Sühne, um wieder unbeschwert leben zu können. Sie sind grausam. Sie nehmen an, dass er ein schlechtes Gewissen hat, gut, und das soll er jetzt ein Leben lang haben?»
«Also hören Sie, ich verbitte mir diese schulmeisterliche Art, ausserdem liegt es gar nicht an mir, zu entscheiden. Sie selbst haben gesagt, dass das Leben ein Zufall sei. Der Zufall hat nicht mir, sondern Ihnen die Verantwortung zugespielt.»
«Täuschen Sie sich nicht. Die Verantwortung liegt jetzt auch bei Ihnen. Sie wissen jetzt auch davon und können sich dem nicht entziehen. Sie sind jetzt auch Zeuge. Ich habe sie dazu gemacht. Jetzt sitzen wir im gleichen Boot.»
«Aber ich habe meine Entscheidung schon getroffen. Werfen Sie die Karte weg. Wenn der Autofahrer sich, wie Sie meinen, Selbstvorwürfe machen muss, dann kann er sich ja selber stellen. Das sage ich doch schon lange.»
«Sehen Sie das nicht ein bisschen zu einfach? Die Karte wegwerfen. Sich selber stellen. Und wenn er keine Gewissensbisse hat? Wenn ihm alles schnurzegal ist? Was dann. Wenn er ein skrupelloser Kerl ist?»
«Zeigen Sie ihn doch an, und dann müssen Sie sich keine Fragen mehr stellen.»
«Ich kann nicht. Ich weiss ja eben nicht, wie es ist.»
«Wir können das beide nicht wissen. Wir müssen das dahingestellt lassen. Der Zufall hat uns die Verantwortung zugespielt. Da haben Sie haben wohl recht, aber wir brauchen den Ball ja gar nicht weiterzuspielen. Lassen wir ihn, wo er ist. Werfen Sie die Karte weg. Vergessen Sie alles.»
«Wir haben dann keine Gewähr dafür, dass wir nichts Unrechtes tun. Man müsste ihn anzeigen.»
«Dann tun Sie es doch, um Himmels willen. Die Gewähr kann uns auch niemand geben.»
«Doch!»
«Wer denn verflucht noch mal?»
«Wir selber. Wir müssen uns über den Mann informieren. Das ist doch kein Problem. Die Autonummer haben wir ja.»
«Also dazu habe ich nun weder Zeit noch Lust. Ausserdem fühle ich mich dazu nicht verpflichtet. Ich habe meine Entscheidung schon lange getroffen.»
«Ich auch.»
«Was!»
«Ihren Gleichmut möchte ich haben, aber ich habe es tatsächlich schon gemacht.»
«Was haben Sie schon gemacht?»
„Eben – ich habe mich informiert.“
«Und das sagen Sie erst jetzt!»
«Ich hatte keine Veranlassung, das früher zu sagen.»
«Ach, und nun?»
«Seine Nachbarin sagt, seit dem Sonntag voriger Woche, da sei er irgendwie verstört.»
«Aha, und?»
«Er fährt einen weissen Audi 80. Der steht neuerdings immer in seiner Garage. Er geht zu Fuss zur Arbeit, und das hat er früher nie getan. Seine Frau stellt ihm schon bohrende Fragen. Er hat einen Hund wie ich. Verdient sicher nicht schlecht. Ist städtischer Beamter, hat Familie, erwachsene Tochter. Die ist befreundet mit einem Studenten, einem Freund seines Sohnes. Der studiert auch. Ein Nachzügler ist auch da. Der besucht die Sekundarschule. Hat aber ein bisschen Mühe in der Schule. Ist das Sorgenkind der Familie. Die Frau ist kränklich. Das Herz will nicht mehr so recht. Er ist ein aufopfernder Familienvater und guter Staatsbürger, geht immer an die Urne, hat niemandem etwas zuleide getan …. ausser ein Kind totgefahren. Jetzt, jetzt ….äh… kann er nicht mehr schlafen und muss ständig Wein trinken. Das hat er früher nicht tun müssen. Helfen Sie ihm, bitte helfen Sie ihm. Ich kann es nicht selber tun. Ich bringe es nicht über mich. Es ist doch nicht meine Schuld. Das kann doch jedem passieren, wenn ein Kind unverho….. unvermittelt auf die Strasse fährt. Auch Ihnen könnte das passieren. Also helfen Sie ihm doch. Hier, hier – nehmen Sie die Karte und gehen Sie damit zur Polizei! Das da, das übernehme ich schon für Sie. Lassen Sie das und gehen Sie, gehen Sie und tun Sie Ihre Pflicht, nehmen Sie die Karte mit!»
Die wenigen Leute, die noch im Lokal sind, drehen sich nach uns um. Der Mann ist laut geworden. Einige im Lokal verlangen nach Ruhe, aber nur wenige trauen sich, das deutlich zu sagen. Sie machen ihrem Unmut durch eigenartige Laute Luft. Ich verlasse überstürzt das Walhalla. Verwirrt, ohne zu zahlen. Ich hetze zum Bahnhof und erwische noch den Elfuhrzug.
Am drauffolgenden Mittwochnachmittag hatte ich wieder in der Stadt zu tun. Ich ging dabei noch rasch ins Walhalla, um meine Zeichenmappe zu holen. Die hatte ich nämlich in der Eile vergessen. Ich weiss nicht, aber ich wäre wohl auch sonst hingegangen. Auch wenn ich die Mappe nicht vergessen hätte. Ich wollte noch etwas wissen.
Ich hatte die Polizei noch nicht angerufen. Die Karte hatte ich aber bei mir. Er war ja Stammgast im Walhalla.
Der Kellner erkannte mich sofort. War ja auch kein Wunder.
«Aha, Sie kommen wohl die Zeichenmappe holen?»
«Genau, ist sie noch da?»
«Klar doch, wir hätten Sie schon noch angerufen. Die Adresse steht ja drauf. Moment, die haben wir gleich da, hinter der Theke.»
«Hat der Herr von gestern Abend meine Rechnung bezahlt?»
«Hat er, der Lehmann. Klar doch, das hat er.»
«Wie heisst der Herr?»
«Wieso – kennen Sie ihn denn gar nicht, ich dachte….. Lehmann heisst er, Herbert Lehmann. Warum fragen Sie?»
«Wohnt an der Hadlaubstrasse 34 und fährt einen weissen Audi 80 – nicht?«
«Ja, glaub schon. In letzter Zeit kommt er aber immer zu Fuss und redet eigentlich kaum noch. Erst seit einer Woche kommt er zu Fuss und trinkt viel. Aber das wird schon wieder werden. Seine Frau ist halt herzkrank und sein Jüngster macht Probleme in der Schule. Das macht viel Sorgen. Ist doch klar. Da kann er nicht recht ruhig bleiben, aber das wird schon wieder.»
«Ja, ja, das verstehe ich schon – wo haben Sie das Telefon?»
«Dort hinten ist eine Kabine, ein Münzautomat.»
Wie ich die Nummer der Kantonspolizei wähle, zittert meine rechte Hand etwas, und gerne tue ich es auch nicht, aber es ist tatsächlich besser für Lehmann.
Spätabends, zuhause, bekomme ich einen Anruf:
«Hier Lehmann …… Ich danke Ihnen, dass Sie das für mich getan haben. Ich bin froh, dass ….Zwei Beamte von der Kantonspolizei sind hier bei mir ….. Sie sind recht freundlich zu mir. Sie haben mir erlaubt, noch …. Sie noch anzurufen …»
«Woher kennen Sie denn meinen Namen, meine Telefonnummer?»
«Sie zeichnen gut, wirklich, es gefällt mir, wie Sie zeichnen. Ich habe mir erlaubt, in Ihrer Mappe….. Nochmals vielen Dank. Wissen Sie, der Mann mit dem Appenzellerhund hat mich doch auch gesehen. Ich mag Wein eigentlich gar nicht… Ich muss jetzt keinen Wein mehr trinken.»
«Herr Lehmann, …»
«Ja?»
«Ich wünsche Ihnen alles Gute. Wirklich, und noch vielen Dank für das Abendessen. So war das von mir nicht gedacht gewesen. Darauf war ich nicht aus, wirklich nicht.»