Können Sie sich vorstellen, lieber Leser, liebe Leserin, können Sie sich eine Gegebenheit vorstellen, bei der ein Ausgelachter selber von Herzen lachen kann, w e i l er ausgelacht wird und sich kindlich freut, d a s s er ausgelacht wird. Ich weiss um eine solche Begebenheit, weil ich selber der Ausgelachte war:
Das Ganze gründet auf einer Instruktion von Claudine Bachmann. Diese Frau kann man googeln, aber man findet nicht viel Konkretes, weil sie offenbar in den letzten Jahren nicht mehr als Schauspielerin gewirkt hat und auch nicht mehr am Radio in Erscheinung getreten ist. Das ist natürlich lediglich eine Vermutung von mir, denn ich habe den Kontakt zu ihr längst verloren.
Nun, in der Schauspielschule lernt man so ganz verschiedene Tricks, die offenbar wichtig sind, um das Publikum zu täuschen. Das kennen Sie aus den mehr oder weniger simplen Filmen, in denen sich die Akteure derart verprügeln, dass sie eigentlich tot liegen bleiben müssten, jedoch in wundersamer Weise putzmunter ohne Unterlass draufloshauen mögen.
Claudine Bachmann hat mir verraten, wie man den Kopf anschlägt, ohne ihn tatsächlich anzuschlagen. Das macht ganz toll Eindruck. Je nachdem wo man ihn anhaut, ist das «Missgeschick» auch noch mit Krach verbunden. Ja, die kleine Betrügerei funktioniert auch besser, wenn sie gleich noch gehörigen Lärm macht. Eine Türe ist immer dafür geeignet, besonders dann, wenn sie einem nicht aufgehalten würde, wie es Sitte und Anstand wäre.
Ich für meinen Teil wählte damals die sich selbstöffnende Glastüre im Manor in Wetzikon. Die ging ziemlich langsam auf, und das passte gerade perfekt.
Nun muss ich Ihnen aber den hinterlistigen Dreh verraten: Man bewegt den Kopf hastig auf das Objekt zu, an dem man ihn sich prellen will. Blitzschnell indessen schlägt man mit dem Handrücken an die Stelle, wo der Schädel Schaden nehmen sollte und fasst dann rasch an den Kopf. Mit der Hand wird also die Stelle abgedeckt, die wehtun sollte, aber gar nicht weh tut. Wer es mag, kann dazu auch noch ein wenig jammern und stöhnen. Begleitmusik kann nicht schaden.
Jetzt aber zurück zum Manor in Wetzikon: Es war ein schöner Sommertag, nicht sehr heiss, ein echter Wohlfühltag – mehr noch: einer, der die Basis zu heiterem Übermut legt. Da will ich doch trotz oder sogar wegen der vielen Leute die Nagelprobe wagen, trete in den Manor ein und haue mir an der Glastüre grauenhaft den Kopf an, denn der Schlag mit dem Handrücken ist etwas gar heftig ausgefallen. Also tut es fürchterlich weh am Kopf, den ich mir vornübergebeugt festhalte. In höchster Sorge und Aufregung kommt eine Verkäuferin dahergewieselt und fragt mich, ob ich mich verletzt hätte, ob ich mich setzen wolle, ob ich ein Glas Wasser möchte … Ich mache ein schrecklich leidendes Gesicht, gebe mich aber ansonsten gefasst und hart im Nehmen.
Nicht allen jedoch bereitet mein Missgeschick Kummer. Zwei attraktive, sehr junge Verkäuferinnen in der Beauty-Abteilung können sich vor Lachen kaum mehr auf den Beinen halten. Das heisst, sie können es schon, wenn ich mit hängenden Maulecken nach ihnen schiele. Dann beherrschen sie sich, was ihnen fruchtbar schwerfällt, aber sie tun es, nur um gleich wieder weiterzuprusten, wenn ich wegschaue. Um sie ein bisschen zu piesacken, mache ich das hinterhältige Spiel immer mal wieder: zu ihnen hinschauen, um zu sehen, wie sie sich quälen müssen beim Sichzusammenreissen und dann wieder abwenden. Auch gucke ich noch unter der Hand hervor, wie ich auf der Rolltreppe nach oben entschwinde. Ausser Sichtweite dann, im ersten Stock, nehme ich meine Hand von der Stirn und freue mich über alle Massen über den gelungenen Streich. Dabei muss ich wohl ein so strahlendes Gesicht gemacht haben wie ein Honigkuchenpferd, jedenfalls fragt mich eine Verkäuferin belustigt, was mich denn dermassen erheitere.
Klar, ich habe es ihr nicht verraten. Hätte sie es denn verstanden, wenn ich gesagt hätte: «Ich bin so frohgemut, weil ich mir den Kopf an der Glastüre angestossen habe?» Sie hätte mich doch glatt für verrückt gehalten. Und Verrückte geniessen einen noch schlechteren Ruf als jene Tollpatsche, die nicht durch eine Glastüre gehen können, ohne sich …