Sie kennen diese Spezies Mensch. Man könnte sie «Verkünder» oder «Verlautbarer» nennen oder besser «Deklarierer». Letzteres aber selbstverständlich nur, wenn man Fremdwörter mag.
Ich sehe sie oft in den Ferien im Ausland, wenn sie etwa beim Studium irgendeiner Sehenswürdigkeit sind. Meist sind es Männer. In einer Art Exklusivberichterstattung erklären sie ihren Frauen, was man alles sieht und sichtet. Das tragen sie in einer solchen Lautstärke vor, dass es gleich alle anwesenden Touristen mitbekommen, die die Sprache verstehen. Sie möchten dann bitte doch sehr staunen, über das stupende Wissen des Privatreiseführers.
Oder dann trifft man sie in der Migros. Auch da sind es immer Männer, die ihre Frauen gnädig beim Einkaufen begleiten. Die eine Hand in der Vestontasche und mit dem Schlüsselbund klimpernd, schauen sie sich gönnerhaft um. Entdecken sie dabei irgendetwas Schmackhaftes im Gestell, fragen sie ihre Frauen etwa: «Du, haben wir noch geräucherten Lachs?» Die Frage ist völlig unnötig, denn die Frau hat sich alles aufgeschrieben und will gar keinen Fisch einkaufen. Aber alle Hausfrauen in der Nähe sollen es toll finden, dass sich da einer derart für den Notvorrat interessiert und kulinarischen Sachverstand verrät.
Es gibt aber auch «Verkünderinnen», «Verlautbarerinnen» oder «Deklariererinnen». Meist sind das Mütter, die ihre Kindererziehung zu einer öffentlichen Angelegenheit machen. Nicht mit Backpfeifen oder mit dem Langziehen der Ohren. Mit pädagogisch ausgewogenen und lärmigen Kommentaren begleiten sie ihre Kinder durch den Alltag ausser Haus. Sie freuen sich, wenn die ganze Umgebung ihr pädagogisches Engagement mit grossem Respekt beobachtet.
Jetzt aber zu Bernhard: Obwohl er ständig laut redete, gehört er nicht zu jener Art Zeitgenossen, wie sie oben beschrieben sind. Bernhard wusste gar nicht, was es heisst, in einer normalen Lautstärke zu reden. Er dachte wohl immer, er stünde vor einer Klasse mit lauter Schwerhörigen. Einmal erlebte ich, wie er seiner Katze Butzi klarmachen wollte, dass sie in den Keller verschwinden solle. Dabei brüllte er sie so laut an, als gelte es eine ganze Herde von Kühen, Schafen, Esel und Ziegen von einem Heuhaufen wegzujagen. Butzi indessen trollte sich völlig unaufgeregt. Sie kannte Bernhard.
Eines Tages klingelte das Telefon bei uns zu Hause. Mein kleiner Sohn Kandid nahm den Hörer ab und unterhielt sich eine ganze Weile mit dem Anrufer. Hierbei stand er eigenartig steif da, zog den Hals ein bisschen lang und guckte so verdutzt drein, als hätte ihm sein Meerschweinchen über die Hose gepinkelt. Dann streckte er mit einem entschlossenen Ruck den Hörer weit von sich und rief: «Papi, komm schnell, der Lautsprecher ist am Telefon!»